Wort zum Sonntag, 29. November 2020 – 1. Advent
Nur durch ein Ja
erschienen in: Bad Vilbeler Anzeiger, 25.11.2020
Wenn wir die ersten Seiten des Lukasevangeliums lesen, dann begegnen wir auf Schritt und Tritt Menschen, die warten. Da sind Elisabeth und Zacharias, die alle Hoffnung aufgegeben hatten und jetzt auf ihren Sohn warten. Da sind Simeon und Hanna im Tempel von Jerusalem, die ein Leben lang auf den Messias gewartet hatten. Und da ist Maria. Sie empfängt die Zusage, dass sie ein Kind zur Welt bringen wird. Und dann wartet sie. Sie alle sind Menschen, die die Kunst des Wartens lernen. Adventsmenschen. Als sei Warten etwas Schönes?!
Den Kindern versuchen wir doch die Zeit auf Weihnachten etwas zu verkürzen: mit Adventskranz und Adventskalender. Vor den Seniorenheimen auf dem Heilsberg und in Dortelweil schmücken Kinder dieses Jahr einen Weihnachtsbaum. Sterne, Kugeln, Engel – jeden Adventssonntag kommt etwas Neues dazu! So bereiten wir uns auf das Weihnachtsfest vor, wenn es auch dieses Jahr anders werden wird als gewohnt. Dieser Advent wird ruhiger werden als sonst. Es gibt weniger äußere Vorbereitungen und keine geselligen Treffpunkte. Das ist schade – aber bietet auch die Chance, die Vorbereitungen auf Weihnachten diesmal mehr auf das Innere zu konzentrieren. Wahrzunehmen: Das Warten macht etwas mit mir. Es ist wichtig.
Das lerne ich von den Menschen am Anfang der Weihnachtsgeschichte, besonders von Maria. Der Weg Gottes zu den Menschen ist verbunden mit dieser jungen Frau und ihrer Bereitschaft zum Warten.„Mir geschehe nach Deinem Wort.“ Das sagt sie zu dem Engel, der ihr ankündigt, dass sie Gottes Kind zur Welt bringen wird. Ohne ihr Ja wäre Weihnachten nicht erzählbar. Es ist ein Geschehen abseits von Trubel und Konsum. Es ist Geschehen, das sich im Stillen, im Warten auf Gott ereignet, wo ein Menschenherz sich ganz in Gottes Willen wiederfindet. Es geht jetzt nicht mehr um produzierte Gefühle, sondern um die schlichte Wahrnehmung, was von Gott her in mir lebendig ist.
Das neue Kirchenjahr – es beginnt nicht mit Weihnachten, sondern mit dem Advent. Dahinter steckt die tiefe Weisheit, dass wohl nur derjenige ein Geschenk entgegennehmen kann, der zuvor die Hände öffnet. Deswegen brauchen wir die Adventszeit, dass sie auf unsere innere Haltung abfärbe, damit ich mich empfänglich mache für Gott – durch mein Ja, wie Maria. Um auf das zu warten, zu lauschen, was in mir heranwächst und was Gott durch mich dieser Welt Neues schenken wird.
Eine gesegnete Zeit im Advent – und bleiben Sie in allem bewahrt und zuversichtlich!
Ihr Pfarrer Johannes Misterek